Blockchain Bundesverband e.V.
c/o VOTUM Verband
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10117 Berlin
Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstr. 97
10117 Berlin
Blockchain Bundesverband e.V.
Berlin, 13.11.2023
Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen Entwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – FinmadiG)
AutorInnen:
Zsófia Vig, Rechtsanwältin, Bundesblock-Expertin
Moritz Schildt, Vorstand Hanseatic Blockchain Institute
Sebastian Becker, Bundesblock-Geschäftsführer
Phil Hamacher, Rechtsanwalt
Natalie Avram, Legal Counsel, IOTA
EINLEITUNG
Der Blockchain Bundesverband (Bundesblock) bedankt sich für die Gelegenheit, eine Stellungnahme zum FinmadlG abgeben zu können. Wir vertreten die Interessen von mehr als 80 Unternehmen, die mit und an Blockchain-basierten technischen Lösungen & Diensten arbeiten – in Deutschland und darüber hinaus.
Entsprechend begrüßen wir die Umsetzung der europäischen Regulierungsvorhaben im Bereich der Kryptowerte und der sie betreffenden Dienstleistungen, um Rechtssicherheit für die Innovations-Vorhaben von Startups genauso wie von Großkonzerne zu bekommen und eine planbare Grundlage für Geschäftsmodelle, insbesondere auch im grenzüberschreitenden Verkehr in der Europäischen Union.
Wir begrüßen es sehr, dass als Kern des Entwurfs auf S.121 festgestellt wird: “Kryptowerte gehören als Anwendungsfall der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zu den wichtigsten transformativen Technologien im Finanzsektor.” Neben den Kryptowerten und den klassischen Finanzinstrumenten wird nun der Begriff des ‘kryptographischen Instruments’ neu eingebracht – und dies ist ein gutes Beispiel für das, was der Bundesblock, unsere Mitglieder und unsere assoziierten Experten bei der Analyse des Entwurfs beschäftigt. Denn wir erwarten
- klare begriffliche Definitionen, die im europäischen Kontext stimmig sein müssen
- klare Abgrenzungen zwischen den Anwendungsbereich der unterschiedlichen Gesetzes-Zuständigkeiten
- eine Gleichbehandlung zwischen traditionellen Instrumenten und neuen kryptographischen bzw. Token-basierten Ansätzen, ohne dass aber die technischen Vorteile der Abbildung bestehender und neuer Assets mittels DLTs zu überflüssigen regulatorischen Auflagen führen
- die Wahrung grundlegender Freiheiten – sowohl im persönlichen Bereich und in Bezug auf persönliche Daten als auch bei unternehmerischen Aktivitäten oder Investments.
Im Bereich der Verbrechensbekämpfung unterstützen wir jegliche Anstrengung, um sowohl Geldwäsche und Korruption als auch die Unterstützung von Terror-Finanzierung zu unterbinden – weisen aber allgemein darauf hin, dass die Verwendung von Blockchain-Technologie und Kryptographie ohnehin zu einer besseren Verfolgung von Kriminalität im Finanzwesen führen wird. Das eigentliche Problem besteht im grenzüberschreitenden Wesen von Finanzgeschäften und dass die Strafverfolgung an vielen Staatsgrenzen (die leider zu häufig noch gesellschaftliche Wertegrenzen sind) enden. Entsprechend werden wir darauf achten, dass beim gut gemeinten Versuch, mehr Schlagkraft für die Verbrechensbekämpfung im Finanzwesen bereitzustellen, nicht über das Ziel und die verfassungsmäßigen Grundlagen hinaus Spielräume geöffnet werden könnten.
Ebenso müssen durch neue Gesetzgebung auch nachhaltig die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Verzahnung der Finanzindustrie mit anderen Bereichen kritischer Infrastruktur und der produzierenden Industrie – in Zukunft auch mittels Utility Tokens – nicht auf der operativen Ebene unnötig behindert wird. Denn nur dann kann die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur der europäischen Finanzindustrie befördert, sondern auch wichtige Ziele wie Sektor-Kopplung oder die Compliance mit dem Nachhaltigkeits-Reporting im Rahmen der CSRD vorangebracht werden.
Zu § 4 Abs. 3 KMAG-E:
Die hier vorgesehenen Auskunftspflichten zur Umsetzung von Art. 94 der MiCAR begründen eine im Deutschen Aufsichtsrecht ansonsten ungewöhnliches Auskunftsrecht gegenüber “jedermann” und gehen damit auch deutlich über die entsprechenden Regeln, etwa in § 44 KWG oder § 5 WpIG, hinaus. Dies dürfte verfassungsrechtlich zumindest problematisch sein, da eine Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde auch bei Wahrung der Zeugnisverweigerungsrechte doch einen spürbaren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Vor diesem Hintergrund überrascht, dass im KMAG die letztlich in der MiCAR selbst vorgesehene Voraussetzung für dieses Auskunftsrecht, nämlich die Beschränkung auf solche Informationen und Unterlagen, die “nach Ansicht der zuständigen Behörden für die Ausführung ihrer Aufgaben von Belang sein könnten” nicht in das deutsche Gesetz übernommen werden soll.
Es wird angeregt, hier ähnlich wie in § 5 WpIG auch bei der Bestimmung der Auskunftspflichtigen nicht von “jedermann” zu sprechen, sondern vielmehr festzulegen, dass sich diese bezieht auf “Personen und Unternehmen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das sie über Informationen oder Unterlagen verfügen, die nach Ansicht der Bundesanstalt für die Ausführung ihrer Aufgaben von Belang sein könnten”. Dies gilt umso mehr, als in § 4 Abs. 5 KMAG-E zusätzlich ein Betretensrecht der Bundesanstalt festgelegt wird.
Ebenfalls zu weitgehend ist die Formulierung, nach der dieses Auskunftsrecht ausgeübt werden kann, um zu überwachen, ob “aufsichtsrechtliche Bestimmungen der Verordnung oder dieses Gesetzes eingehalten werden”. Das Auskunftsrecht darf nur so weit reichen, als es erforderlich ist und muss sich auf den mildesten Eingriff beschränken. Insoweit wird angeregt, dass auch hier – analog zu § 6 Abs. 3 WpHG – Auskünfte nur verlangt werden dürfen, wenn gegen “Verbote oder Gebote” der Verordnung oder des Gesetzes verstoßen wird.
Zu § 4 Abs. 7 KMAG-E:
Die Befugnis der Bundesanstalt, Positionen oder Risikopositionen in Bezug auf Kryptowerte zu verringern, dient der Umsetzung von Art. 94 Buchstabe z) MiCAR und weist eine Ähnlichkeit zu § 9 WpHG auf. Die Formulierung im Referentenentwurf wird gleichwohl dem Umstand nicht gerecht, dass eine direkte Anweisung zur Durchführung von Transaktionen einen intensiven und grundrechtsrelevanten Eingriff in die Eigentums- und Dispositionsfreiheit der betroffenen Investoren darstellt. Daher sollte der Ermächtigungsrahmen möglichst eng und möglichst konkret gefasst werden, wie dies in § 9 WpHG auch durch den Verweis auf ausdrücklich in § 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 und 4 WpHG genannte Fälle beschränkt ist. Der pauschale Verweis auf die “Wahrnehmung der in § 3 Satz 2 und 4 genannten Aufgaben” genügt dem nicht, insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Anordnung einer “Zwangsveräußerung von Positionen” möglich sein sollte, um der Aufsichtspflicht zu dienen. Hier muss konkret bezeichnet werden, in welchen Fällen und zur Abwehr welcher Gefahren eine eine solche Ermächtigungsvoraussetzung bestehen sollte.
Zu § 8 Abs. 1 Satz 9 KMAG-E: sei hinterfragt, weshalb für Beschäftigte der Bundesanstalt die Möglichkeit geschaffen werden soll, Informationen an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, den Internationalen Währungsfonds oder die Weltbank weiterzuleiten, die nicht aggregiert oder nicht anonymisiert sind. Nicht nachvollziehbar ist insbesondere, dass ein Austausch solcher Informationen nur zulässig sein soll, wenn er in den Räumlichkeiten der Aufsichtsbehörde oder der Deutschen Bundesbank erfolgt – dies scheint anachronistisch.
Zu § 8 Abs. 1 KMAG-E:
Die Vorschrift regelt die Verschwiegenheitspflicht von in Abs. 1 aufgelisteten Personen, soweit diese zur Durchführung der MiCAR tätig werden. So sollen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts, insb. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, geschützt werden. Diese Regelung ist sinnvoll und richtig. In abschließend aufgelisteten Ausnahmefällen soll die Geheimhaltungspflicht für bestimmte Stellen nicht gelten, Abs. 1 S. 5 KMAG. Informationen dürfen jedoch auch dann nicht grenzenlos erteilt werden, sondern nur soweit die Stellen diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Dadurch ist Rechtssicherheit und Klarheit für die Beteiligten gewährleistet.
Zu § 8 Abs.1 Nr.3 KMAG-E:
Die Vorschrift ist in der aktuellen Fassung jedenfalls unbestimmt und damit als Grundlage für derart weitreichende Eingriffsbefugnisse ungeeignet. Zum einen wird pauschal auf die Lage des Anbieters Bezug genommen, ohne zu präzisieren, ob hierbei finanzielle, personelle oder allgemeine wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend sein sollen. Zum anderen wird der Begriff des Kleinanlegers weder durch den Entwurf selbst noch durch Verweisung auf andere Rechtsnormen legaldefiniert. Ferner ist das Tatbestandsmerkmal “den Interessen der Kunden (…) abträglich” viel zu vage und in der Rechtspraxis kaum handhabbar. Insbesondere wird nicht definiert, welche Kundeninteressen – finanzielle, wirtschaftliche oder sonstige – betroffen sein müssen. Das Merkmal “abträglich” ist im Übrigen dem Wortsinn nach geeignet, auch sehr geringfügige bzw. sogar lediglich potenzielle Beeinträchtigungen zu erfassen. Dies kann jedoch nach verständiger Würdigung nicht der Sinn und Zweck der Vorschrift sein. Unter verfassungsrechtlichen sowie praktischen Gesichtspunkten wäre eine entsprechende Präzisierung der vorbezeichneten Begriffe wünschenswert.
Zu § 8 Abs. 2 KMAG-E:
Abs. 2 verhält sich auch zu Auskunftsrechten der Finanzverwaltung. Hiernach gelten die einschlägigen §§ der AO, „soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat oder eines Besteuerungsverfahrens benötigen“. Auskunftsersuchen der Finanzverwaltung sind nicht neu. Insbesondere Sammelauskunftsersuchen wurden bereits in der jüngeren Vergangenheit an Kryptowerte-Dienstleister gerichtet. Solche Auskunftsverlangen betreffen naturgemäß gleich eine Vielzahl von Personen.
Die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen nach AO bleiben von dem KMAG-E unberührt. Gemäß § 93 Abs. 1a S. 2 AO ist erforderlich, dass a) ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und b) andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen.
Deshalb dürfte in der Praxis ein vorheriges Gesuch an das Institut angezeigt bleiben, bevor an die Personen nach Abs. 1 herangetreten wird. Ein vorheriges Gesuch an das Institut wäre nämlich „eine zumutbare Maßnahme“. Dies kann mitunter sogar schnellere und bessere Erkenntnisse hervorbringen.
Der ausbleibende Erfolg dieses Gesuchs dürfte bis dahin nicht vermutet werden. Der interne Behördenaustausch von steuerrelevanten Daten beträfe nämlich eine Vielzahl von potentiellen Steuerpflichtigen. Diese würden einen solchen behördeninternen Austausch ihrer Daten ggf. gar nicht bemerken, da mitunter auch keine Information darüber – auch nicht dem Institut – bekannt werden. Um eine klarstellende Eingrenzung oder den Hinweis, dass bei Sammelauskunftsverfahren primär das Institut um Auskunft zu ersuchen ist, wird deshalb eindringlich gebeten.
Zu § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 KMAG-E:
Auch hier enthält der Entwurf eine Erweiterung der Befugnisse der Bundesanstalt, indem entsprechende Anordnungen nicht nur gegenüber Organmitgliedern und dem Institut, sondern auch gegenüber “seinen Gesellschaftern” zulässig sein sollen. Diese Erweiterung des Adressatenkreises geht sowohl über die Anforderungen der MiCAR als auch über § 37 KWG hinaus. Es wird angeregt, hier allenfalls die Inhaber wesentlicher Beteiligungen als mögliche Adressaten entsprechender Maßnahmen zu nennen.
Die in § 10 Abs. 6 vorgesehene Befugnis der Bundesanstalt, sich letztlich aus einem breiten Katalog an Ermächtigungen zu bedienen, um quasi Aufgaben einer Strafverfolgungsbehörde wahrzunehmen, ist jedenfalls dann kritisch zu sehen, wenn ein “anderer Staat” einen Verstoß gegen lokale Verbote vermutet. Hier sollte ein Korrektiv vorgesehen werden, bei dem etwa darauf abgestellt wird, ob ein solches Verbot mit einem inländischen Verbot vergleichbar ist und ob die Strafverfolgungsbehörden in solchen ‘anderen Staaten’ Menschenrechte und andere demokratische Standards durchgehend achten.
Zu § 21 Abs. 1 KMAG-E:
Die Ausgestaltung des Teilnahmerechts an Organversammlungen geht auch hier über den “traditionellen” Rahmen hinaus, ohne dass ein entsprechender Grund ersichtlich ist. Warum sollte ein Vertreter der Bundesanstalt an einer Vorstands- oder Geschäftsführungssitzung eines Kryptowerte-Dienstleisters teilnehmen dürfen, obwohl dies bei einer systemrelevanten Bank nicht zulässig ist. Auch die Möglichkeiter der Bundesanstalt die Einberufung einer solche Versammlung zu verlangen, Gegenständen zur Beschlussfassung anzukündigen sowie als teinehmender Vertreter mitzureden stellen eine sehr weitreichende Kontrollmöglichkeit dar, die “auf Verlangen” und ohne Grund gewährt wird. Etwas abseitig ist schließlich der Vorschlag des Entwurfs, dass auch bei virtuell abgehaltenen Versammlungen die Entsandten der Bundesanstalt das Recht haben sollen, live vor Ort teilzunehmen.
Zu § 28 Abs. 1 KMAG-E:
Soweit in § 28 die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Tätigkeit festgelegt werden, hat der Referentenentwurf die sehr unbestimmte Anforderung in Art. 94 Abs. 1 f) MiCAR übernommen, nach der eine Aussetzung verlangt werden kann, wenn die Erbringung der Dienstleistungen “angesichts der Lage des Anbieters” den Interessen der Kunden abträglich wäre. Dies dürfte dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen. Der Referentenentwurf scheint diese Sorge zu teilen, wurde doch – in Abweichung von der Formulierung in der MiCAR – zumindest in den Tatbestand aufgenommen, dass “Tatsachen die Annahme rechtfertigen” müssen. Gleichwohl bleibt unklar, was konkret die Voraussetzung für ein aufsichtsrechtliches Eingreifen mit dem scharfen Schwert der Untersagungsverfügung sein soll. Es bliebe dem deutschen Gesetzgeber unbenommen, durch eine auslegende Konkretisierung, etwa durch eine beispielhafte Aufzählung von Fallgruppen, hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Hierbei könnte auch rechtsgestaltend dargestellt werden, inwiefern sich die Interessen von “normalen” Kunden und die Interessen von Kleinanlegern unterscheiden.
Zu § 33 Abs. 2 KMAG-E:
Die Vorschrift ist nicht nachvollziehbar. Während Abs. 1 im Verhältnis zwischen Betreiber einer Handelsplattform und Emittenten oder Anbieter das (privatrechtliche) Recht kodifiziert, den Handel auszusetzen, scheint Abs. 2 daran anknüpfend eine Pflicht der Bundesanstalt vorzusehen, auch gegenüber anderen Handelsplattformen eine Aussetzungsanordnung auszusprechen. Dafür besteht keine Notwendigkeit.
Zu § 43 Abs. 2 KMAG-E:
Wünschenswert wäre, in Fällen der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch die Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO zu berücksichtigen. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann die BaFin mit Zustimmung des Instituts § 43 Abs. 1 Satz 3, Satz 5 KMAG-E einen Antrag stellen. Gerade in mittleren und großen Insolvenzfällen hat die Eigenverwaltung inzwischen einen festen Platz in der deutschen Insolvenz- und Sanierungspraxis. Der Sinn und Zweck der Eigenverwaltung ist die Nutzung des vorhandenen unternehmerischen Know-hows bei der Sanierung, sofern sich das insolvente Unternehmen bzw. dessen Geschäftsführung nicht vor der Insolvenz durch Missmanagement diskreditiert hat. Von diesem Verfahren und seinen Vorteilen können Unternehmen und Gläubiger gleichermaßen profitieren.
Der Wortlaut von § 43 Abs. 2 Satz 1 KMAG-E berücksichtigt Eigenverwaltungen bislang nicht. Eine Erweiterung wäre daher wünschenswert:
„Vor der Bestellung des Insolvenzverwalters oder vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 270 ff. InsO hat das Insolvenzgericht die Bundesanstalt anzuhören.”
Zu § 43 Abs. 3 KMAG-E:
Folgerichtig sollte es in § 43 Abs. 3 dann auch heißen:
„Der Insolvenzverwalter und der eigenverwaltende Schuldner sowie der Sachwalter informieren […]“
Zu § 44 Abs. 3 KMAG-E:
Die Kosten der Aussonderung sollte stets der die Aussonderung verlangende Kunde tragen. Dies vermeidet Rechtsunsicherheiten und schützt die Insolvenzmasse vor unverhältnismäßigen Aufwand und Kosten, die dann zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger gehen und im schlimmsten Fall sogar eine Masseunzulänglichkeit hervorrufen können. Hierzu wird auf die Stellungnahme zum ZuFinG-Ref-E und dort § 46i Abs. 3 KWG-E verwiesen.
Die insolvenzrechtlichen Regelungen sind insgesamt zu begrüßen, soweit sie vorhandene Regelungslücken schließen. Insbesondere Regelungen zu Aussetzungs- und Untersagungsanordnungen, wie z.B. in § 28 Abs. 1 und 2 KMAG-E bei (hinreichend begründeten) Verdacht, dass gegen die MiCAR oder das KMAG verstoßen worden ist, können zu einer sofortigen und ggf. sogar unumkehrbaren Krise des Unternehmens führen. In diesem Fall kommt es dann auf klare und funktionierende insolvenzrechtliche Mechanismen an, um Gläubiger zu schützen.
Zu § 15a GwG:
Die verstärkte Sorgfaltspflichten bei der Übertragung von Kryptowerten von oder an eine selbst gehostete Adresse dienen insbesondere dazu, das Risiko der Terrorismusfinanzierung sowie der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung zu minimieren. Dabei umfasst die Regelung alle Kryptowerte, mithin vom E-Geld Token bis hin zum Utility Token. Dies bedeutet, dass der in Abs. 2 gelistete Katalog an Risikominderungsmaßnahmen – welcher nicht zwischen den verschiedenen Kryptowerten differenziert – jedem Verpflichteten die gleiche Handlungspflicht auferlegt. Hier wäre jedoch eine klare Unterscheidung nach dem Risikopotential des jeweiligen Kryptowerts geboten gewesen. Verpflichtete, die eine Übertragung von E-Geld Token ausführen, realisieren ein höheres Risiko im Sinne der Norm, als solche, die Utility Token ohne jedweden Anlagezweck übertragen. Utility Token werden, davon ist auszugehen, in deutlich geringerem Umfang (falls überhaupt) für Tatbestände wie z. B. zur Terrorismusfinanzierung missbraucht werden (können).
FAZIT
Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – FinmadiG) hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) die den Sektor betreffenden EU-Verordnungen der letzten Zeit, wie insbesondere die MiCAR (Märkte für Kryptowerte) die Geldtransferverordnung und DORA (digitale operationale Resilienz im Finanzsektor) in deutsches Recht umgesetzt.
Die daraus resultierende Schaffung eines neuen Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KMAG-E), sowie Anpassungen in verschiedenen Gesetzen, vom Kreditwesengesetz über das Geldwäschegesetz bis hin Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) dient der Harmonisierung nationaler Gesetzgebung im Rahmen der EU-Strategie für eine digitale und effizientere Finanzwirtschaft und macht viel Sinn – auch wenn die Schaffung des neuen Begriffs der kryptographischen Instrumente vielleicht nicht die einzige mögliche architektonische Antwort auf das angestrebte Alternativverhältnis zwischen der MiCAR und MIFID II gewesen wäre. Jedenfalls werden wir weiter beobachten und im Sinne unserer Mitglieder darauf achten, wie NFTs in dieser Neudefinition der Gesetzes-Zuständigkeiten behandelt werden.
Insgesamt ist im Entwurf rasch zu erkennen, dass die stellenweise überschießende Umsetzung rechtliche Unklarheiten zur Folge haben könnte. Insbesondere den zahlreichen Eingriffsbefugnissen, die der Bundesanstalt sinnvollerweise eine effektive Aufsicht und Kontrolle ermöglichen sollen, mangelt es teilweise an einem klaren Katalog an Tatbestandsmerkmalen oder Regelbeispielen. Zudem fällt auf, dass einige Auskunfts- und Kontrollrechte der Bundesanstalt derart weitreichend ausgestaltet sind, dass eine Kollision mit Grundrechten nicht auszuschließen sein könnte und auch der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht immer gewahrt zu bleiben scheint.
Dagegen erhoffen wir, dass es eine rasche Umsetzung und Fristnennung für das implizit angekündigte vereinfachte Verfahren für zukünftige Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistung geben wird – zumal die Auflagen im Bereich der Geldwäsche-Prävention bereits eine signifikante Erhöhung des administrativen Aufwandes bedeuten wird. Denn es ist wichtig, dass sich alle Marktteilnehmer rasch auf die neuen Gegebenheiten einstellen können, um gegenüber Kunden, Investoren und Partnern klare Planungen vorlegen und transparent und vertrauensschaffend agieren zu können.