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2. Positionspapier zum digitalen Euro
Blockchain Bundesverband e.V.

Berlin, 25. Juli 2023

 

Wie die Blockchain-Technologie den Euro digitalisiert

Schon im Jahr 2026 plant die Europäische Zentralbank (EZB) gemeinsam mit dem Eurosystem die Einführung des digitalen Euro. Noch ist nicht entschieden, auf welche Technologie die digitale Zentralbankwährung aufgesetzt wird.
Der Blockchain Bundesverband e. V. (Bundesblock) setzt sich dafür ein, dass die  Distributed-Ledger-Technologie (DLT) im Allgemeinen und die Blockchain-Technologie im Speziellen verwendet werden sollten. Entweder als zugrundeliegende Technologie oder mit der Möglichkeit der Interoperabilität.
Mit diesem Positionspapier möchte der Bundesblock der EZB, dem Eurosystem und der Öffentlichkeit aufzeigen, welche Vorteile diese Technologien für den digitalen Euro haben könnten und wie durch den Einsatz einer dezentralen Infrastruktur aufkommende Risiken minimiert werden können.

Autorinnen & Autoren (Nach Nennung der Leads alphabetische Reihenfolge nach Vornamen)

  • Philipp J.A. Hartmannsgruber (Co-Lead), Vorstand Bundesblock | PJAH Consulting
  • Sarah Rentschler-Gerloff (Co-Lead), Practice Partner DXC Technology Banking & Capital Market
  • Dirk Schuster, FGS Digital GmbH
  • Jan-Gero Alexander Hannemann, Leiter der Bundesblock Arbeitsgruppen DAO und Finanzen
  • Maren Frings, Digital Business Lead Finance, Automotive Industry
  • Wolfgang Lohmann, AUSY Technologies Germany AG

AGENDA 

  1. Der digitale Euro der EZB
  2. Vorteile der Blockchain-Technologie für den digitalen Euro
  3. Potenziale
  4. Herausforderungen
    1. Allgemeine Herausforderungen und Risiken
    2. Demokratisierung
    3. Verwahrung
    4. Privatsphäre
    5. Programmierbarkeit
    6. Technische Aspekte

5. Fazit

1. Der digitale Euro der EZB

Die Europäische Zentralbank (EZB) und das Eurosystem treiben die Einführung des digitalen Euros (Central Bank Digital Currency, kurz CBDC) stetig voran. Am 28. Juni 2023 hat die Europäische Kommission ihren Gesetzgebungsvorschlag zum digitalen Euro veröffentlicht und damit die Designentscheidungen der EZB flankiert. Bis zum 3. September 2023 hat die Öffentlichkeit für Rückmeldungen zum geplanten Gesetz noch Zeit. Nach der Gesetzgebung wird entschieden, ob der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird. Noch sind aber sehr viele Fragen offen, etwa wie der digitale Euro konkret ausgestaltet wird und welche Technologie zum Einsatz kommen wird. Aus Sicht des Blockchain Bundesverband e. V. (Bundesblock) sollten die Vorteile der Blockchain- oder Distributed-Ledger-Technologie (DLT) genutzt werden, um viele Risiken, wie die Einschränkung der Privatsphäre durch ein zentrales System, zu reduzieren.

2. Vorteile der Blockchain-Technologie für den digitalen Euro

Die Blockchain-Technologie ist eine dezentrale und transparenz-schaffende Technologie, die verwendet wird, um Transaktionen und Daten aufzuzeichnen und zu verwalten. Eine Blockchain ist im Wesentlichen eine vernetzte Datenbank, die aus einer Kette von informations-speichernden Daten-Blöcken besteht.

Jeder Block enthält eine Liste von Transaktionen oder Daten, die durch Kryptografie miteinander verknüpft sind. Die Blöcke werden chronologisch hinzugefügt, wobei jeder Block eine Referenz auf den vorherigen Block enthält, was zu einer Kette von Blöcken führt – daher der Name “Blockchain”.

Die Nutzung der Blockchain-Technologie bietet eine Reihe von Vorteilen:

Dezentralisierung: Die Blockchain ermöglicht eine dezentrale Datenhaltung und -verwaltung, bei der keine zentrale Autorität oder Intermediäre erforderlich sind. Dies fördert das Vertrauen, da die Kontrolle nicht in den Händen einer einzigen Partei liegt und Manipulationen erschwert werden.

Transparenz: Die Blockchain ist transparent, da alle Teilnehmer Zugriff auf eine Kopie der Datenbank haben. Jeder kann die Transaktionen und Aktivitäten in Echtzeit verfolgen und überprüfen. Dadurch wird das Vertrauen gestärkt sowie Korruption und Betrug reduziert.

Sicherheit: Die Blockchain bietet hohe Sicherheitsstandards. Die Daten in der Blockchain sind durch kryptografische Algorithmen geschützt und können nur sehr schwer nachträglich geändert werden. Jeder Block enthält einen Hash-Wert des vorherigen Blocks, was die Integrität der Daten gewährleistet. Dies macht die Blockchain besonders widerstandsfähig gegen Hacking und Fälschungen.

Effizienzsteigerung: Durch die Nutzung der Blockchain können Prozesse automatisiert und ineffiziente Zwischenschritte eliminiert werden. Finanztransaktionen können so etwa schneller abgewickelt werden, da Dritte wie Banken oder Clearingstellen umgangen werden. Dies kann zu Kosteneinsparungen und schnelleren Geschäftsabläufen führen.

Vertrauensbildung: Die Transparenz und Sicherheit der Blockchain helfen dabei, Vertrauen zwischen den Parteien aufzubauen, insbesondere in Situationen, in denen Vertrauen traditionell eine Herausforderung darstellt. Durch die Möglichkeit, die Daten auf der Blockchain zu überprüfen, können Unternehmen und Individuen sicherstellen, dass alle Informationen korrekt sind.

Innovation: Die Blockchain-Technologie bietet eine Plattform für neue Geschäftsmodelle und Innovationen. Durch die Tokenisierung von Vermögenswerten können neue Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Smart Contracts, die auf der Blockchain basieren, ermöglichen automatisierte und programmierbare Verträge, was die Effizienz und Transparenz von Geschäftsabläufen verbessern kann.

Es ist wichtig anzumerken, dass die Blockchain-Technologie auch Herausforderungen mit sich bringt, wie Skalierbarkeit, Energieeffizienz und rechtliche Aspekte. Dennoch bieten die oben genannten Vorteile ein enormes Potenzial für verschiedene Branchen und Anwendungsbereiche.

3. Potenziale

Der geplante digitale Euro in seiner aktuellen Form birgt Potenziale, wenn es um die Verwendung in verschiedenen Blockchain-basierten Anwendungsfällen geht. Nachfolgend ist eine konsolidierte Darstellung der wichtigsten Aspekte.

Effizienzsteigerung: Der digitale Euro kann zu einer Effizienzsteigerung bei verschiedenen Anwendungsfällen führen. Zum Beispiel könnten Zahlungen im E-Commerce (Online-Handel) schneller und nahtloser abgewickelt werden, wodurch die Kundenerfahrung verbessert wird.

Transparenz in den Anwendungsfällen: Durch die Verwendung der Blockchain-Technologie kann bei Zahlungen am Point of Sale (PoS) und bei Machine-to-Machine-Zahlungen (M2M) eine erhöhte Transparenz geboten werden. Transaktionen können öffentlich überprüft werden, was zu einem höheren Vertrauen führen könnte.

Sicherheit und Datenintegrität: Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, kann die Integration des digitalen Euro in Blockchain-basierte Anwendungsfälle eine erhöhte Sicherheit gewährleisten. Die Datenintegrität und Fälschungssicherheit der Blockchain können dazu beitragen, Betrug und Manipulationen zu reduzieren.

Flexibilität und Skalierbarkeit: Der digitale Euro bietet eine flexible und skalierbare Lösung für Pay-per-Use-Zahlungen (PPU). Durch die Nutzung von Smart Contracts auf der Blockchain können Zahlungen automatisiert und an die Nutzung angepasst werden.

4. Herausforderungen

4.1 Allgemeine Herausforderungen und Risiken

Es gibt allerdings nicht nur Potenziale, sondern auch gewisse  Herausforderungen und Risiken beim digitalen Euro (und in der Integration in Blockchain-basierte Anwendungsfälle).

Skalierbarkeit: Die Skalierbarkeit des digitalen Euros ist eine Herausforderung, insbesondere in Anwendungsfällen mit einer großen Anzahl von Transaktionen wie im E-Commerce. Es müssen standardisierte Mechanismen entwickelt werden, um  die erhöhte Nachfrage zu bewältigen und Engpässe zu vermeiden. Die Herausforderung in Sachen Skalierbarkeit liegt an der Vielfältigkeit der Möglichkeiten. Eine Entscheidung für eine standardisierte Methode oder eine einheitliche technologische Lösung wäre hierfür notwendig.

Datenschutz: Die Verwendung des digitalen Euros in blockchain-basierten Anwendungsfällen kann Datenschutzfragen aufwerfen. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass personenbezogene Daten angemessen geschützt und die geltenden Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.

Die Blockchain-Technologie zeichnet sich durch ihre Transparenz aus, da alle Transaktionen in einem öffentlichen Kontenbuch aufgezeichnet werden. Dies kann jedoch die Privatsphäre der Benutzer gefährden, da persönliche Informationen potenziell nachvollzogen werden können. Die Integration des digitalen Euro in die Blockchain erfordert daher Mechanismen, um die Anonymität der Benutzer zu wahren und den Schutz personenbezogener Daten sicherzustellen.

Offline-Fähigkeit: Die Offline-Fähigkeit des digitalen Euros stellt eine technische Herausforderung dar, insbesondere bei Anwendungsfällen wie am Point of Sale (PoS) oder bei Machine-To-Machine-Zahlungen (M2M). Mechanismen müssen entwickelt werden, um die Integrität der Offline-Transaktionen sicherzustellen und mögliche Sicherheitsrisiken zu minimieren.

Interoperabilität: Die Interoperabilität zwischen dem digitalen Euro und verschiedenen Blockchain-basierten Anwendungsfällen erfordert einheitliche Standards und Schnittstellen. Die Integration des digitalen Euros in bestehende Systeme und Plattformen kann technische und regulatorische Herausforderungen mit sich bringen. Um die Interoperabilität des digitalen Euros in verschiedenen Blockchain-Anwendungsfällen sicherzustellen, sollten standardisierte Schnittstellen entwickelt werden, die es ermöglichen, den digitalen Euro nahtlos in bestehende Systeme und Plattformen zu integrieren. Hierzu könnten branchenweite Konsortien gebildet werden, die gemeinsam an der Entwicklung und Implementierung solcher Standards arbeiten. Die Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden, Finanzinstituten und Technologieunternehmen ist dabei entscheidend, um eine einheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten und regulatorische Anforderungen zu erfüllen.

4.2 Demokratisierung

Die Einführung des digitalen Euros kann verschiedene demokratische Herausforderungen mit sich bringen, die berücksichtigt werden müssen:

Datenschutz und Privatsphäre: Die Einführung eines digitalen Euros wird Fragen des Datenschutzes und der Privatsphäre aufwerfen. Da Transaktionen auf der Blockchain nachverfolgbar sind, besteht das Potenzial für eine umfassende Überwachung der finanziellen Aktivitäten der Bürgerinnen und Bürger. Es ist wichtig, Mechanismen zu implementieren, die den Schutz personenbezogener Daten und die Wahrung der Privatsphäre gewährleisten.

Finanzielle Überwachung: Die Integration des digitalen Euros in blockchain-basierte Lösungen könnte die Überwachung von Finanztransaktionen verbessern und die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und anderen illegalen Aktivitäten effektiver gestalten. Dennoch ist es von großer Bedeutung, die möglichen Risiken einer unverhältnismäßigen Überwachung der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.

Es ist essentiell, einen angemessenen Rahmen für die finanzielle Überwachung zu schaffen, der die Schutzrechte und Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger vollständig respektiert. Eine transparente und verhältnismäßige Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen ist unerlässlich, um unnötige Einschränkungen der individuellen Freiheitsrechte zu vermeiden.

Der Schutz unserer demokratischen Grundwerte und Bürgerrechte muss immer im Einklang mit dem Ziel stehen, illegale Aktivitäten zu verhindern und die Sicherheit der Gesellschaft zu gewährleisten. Staatliche Institutionen sollten sicherstellen, dass jede Form der Überwachung klaren gesetzlichen Vorgaben und wirksamen Kontrollmechanismen unterliegt, um Missbrauch zu verhindern.

Die Förderung von Sicherheit und Schutz vor kriminellen Handlungen darf niemals auf Kosten der individuellen Freiheiten und demokratischen Werte geschehen. Ein ausgewogener Ansatz, der das Gemeinwohl und die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, ist von entscheidender Bedeutung, um eine demokratische Gesellschaft zu erhalten, in der jeder einzelne respektiert und geschützt wird.

Digitale Kluft: Die Integration des digitalen Euros kann zu einer digitalen Kluft führen, da nicht alle Bürgerinnen und Bürger über die erforderlichen technologischen Ressourcen oder das Fachwissen verfügen, um digitale Zahlungen durchzuführen. Dies könnte zu einer weiteren Marginalisierung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen führen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass niemand aufgrund von technologischen Barrieren beim Zugang zu Finanzdienstleistungen ausgeschlossen wird. Eine technologische Barrie wäre mitunter, wenn Personen keinen  Zugang zu digitalen Geräten und Applikationen haben oder auf Grund einer körperlichen Diskrepanz diese nicht verwenden können.

Technische Abhängigkeit: Die Einführung des digitalen Euros erfordert eine technische Infrastruktur, die von Zentralbanken, Regierungen, Finanzinstituten und Technologieunternehmen bereitgestellt werden muss. Dies könnte zu einer Abhängigkeit von bestimmten Unternehmen oder Technologieplattformen führen, was die Kontrolle über den Geldkreislauf beeinflussen könnte. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Technologie offen und interoperabel ist, um Wettbewerb und Innovation zu fördern.

Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger: Bei der Entwicklung und Implementierung des digitalen Euros sollten die Bürgerinnen und Bürger angemessen einbezogen werden. Transparenz, Konsultationen und demokratische Prozesse sollten gewährleistet sein, um sicherzustellen, dass die Interessen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden und dass die Entscheidungen demokratisch legitimiert sind.

Eine  Förderung der Dezentralisierung und die Beseitigung von Zwischenhändlern könnten zu mehr Transparenz und niedrigeren Kosten führen.

Durch  transparente und nachvollziehbare Transaktionsverläufe auf der Blockchain könnten Vertrauen und Integrität gestärkt werden.

Die demokratischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Integration des digitalen Euros erfordern eine ausgewogene Herangehensweise, bei der die Vorteile des digitalen Euros mit dem Schutz der demokratischen Grundrechte und -werte in Einklang gebracht werden. 

Die Anerkennung dieser Herausforderungen und die Entwicklung entsprechender Mechanismen sind von großer Bedeutung, um sicherzustellen, dass der digitale Euro im Einklang mit den demokratischen Prinzipien funktioniert. Daher ist eine Verpflichtung der Akzeptanz des digitalen Euro, wie sie in den bisherigen Lösungsbeschreibungen der EZB und der Europäischen Kommission im Gesetzesvorschlag aufgeführt wird, kritisch zu betrachten.

4.3 Verwahrung

Erfahrung und etablierte Infrastruktur: Die Verwahrung des digitalen Euro durch Intermediäre wie Banken würde auf deren Erfahrung und bestehende Infrastruktur zurückgreifen, auch wenn hierfür einige Anpassungen sowohl technologisch als auch juristisch notwendig wären. Dies könnte eine sichere Verwahrung von digitalen Euro-Guthaben gewährleisten und den Nutzerinnen und Nutzern Vertrauen in die Sicherheit ihrer Guthaben geben. Die Integration des digitalen Euros in das zweistufige Bankensystem stellt sowohl Herausforderungen als auch Risiken dar, insbesondere in Bezug auf die Verwahrung von Einlagen von Bürgerinnen und Bürgern.  Für Banken und Sparkassen kann dies zu einer Herausforderung in Bezug auf ihr bestehendes Geschäftsmodell führen, zum anderen kann diese Herausforderung neue Marktanbieter und Akteure und neue Geschäftsmodelle eine Chance geben.

Erfüllung regulatorischer Anforderungen: Banken und andere Intermediäre haben in der Regel umfangreiche Erfahrung mit regulatorischen Anforderungen und Compliance-Richtlinien. Die Verwahrung des digitalen Euro durch diese Intermediäre könnte dazu beitragen, dass der digitale Euro den geltenden Vorschriften entspricht und somit zur Sicherheit und Stabilität des digitalen Euro beiträgt.

Zentralisierung und Abhängigkeit von Intermediären: Die Verwahrung des digitalen Euro durch Intermediäre würde zu einer Zentralisierung führen, da die Kontrolle über die Guthaben bei diesen Intermediären liegt. Dies birgt das Risiko einer erhöhten Abhängigkeit von diesen Institutionen. Bei Betriebsausfällen, technischen Störungen oder sogar systemischem Versagen der Intermediäre könnte dies zu erheblichen Problemen und Unsicherheiten führen. Die Blockchain-Technologie könnte durch Dezentralisierung diese Risiken minimieren.

Mögliche Gebührenstrukturen und Zugangsbeschränkungen: Es besteht das Risiko, dass Intermediäre unfaire Gebührenstrukturen für die Verwahrung des digitalen Euro einführen oder den Zugang zu den Guthaben einschränken könnten. Dies könnte die Zugänglichkeit des digitalen Euro für bestimmte Nutzergruppen einschränken.

4.4 Privatsphäre

Der digitale Euro auf Basis des UTXO (Unspent Transaction Output)-Verfahrens birgt Risiken und Chancen für die Privatsphäre der Benutzer und der Industrie. Es kann potenziell dazu führen, dass private Transaktionsdaten preisgegeben werden, da Transaktionen auf der Blockchain öffentlich sichtbar sind. Verfahren zum optimalen Schutz müssen angewendet werden, sodass nicht Transaktionen mit realen Identitäten in Verbindung gebracht werden können.

Andererseits bietet das Verfahren Transparenz für die Industrie und ermöglicht eine effiziente Analyse und Compliance. Sicherheit und Fälschungssicherheit sind weitere Vorteile. Die richtige Balance zwischen Transparenz und Datenschutz ist entscheidend, um das Vertrauen in den digitalen Euro zu stärken und seine Vorteile zu maximieren. Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden und Technologieentwicklern ist hierbei von großer Bedeutung.

Aussicht und Fakten

Aktuell hält die EU eine nicht nachverfolgbare Digitalwährung für ein Risiko, was Korruption, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung angeht. Daher gibt es Einschränkungen: 

Laut des Gesetzesvorschlags der Europäischen Kommission soll der digitale Euro die  „volle Anonymität“ ausschließen. Zugleich soll aber ein hohes Maß an Privatsphäre garantiert werden. Grundsätzlich soll die Zentralbank keinen Zugriff auf die Identitäten der Nutzer und Informationen über deren Transaktionen haben. Allerdings müssen Nutzer des digitalen Euro ein Konto bei einem Zahlungsdienstleister besitzen. 

Diese Konten unterliegen sowohl den EU-Gesetzen gegen Betrug, Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche, als auch  den nationalen Gesetzen. Sie müssen daher Daten über die Identität der Nutzer und deren Online-Transaktionen auf Anfrage an Ermittlungsbehörden weitergeben. Konten für den digitalen Euro sind daher ähnlich privat wie Bankkonten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Umsetzung des digitalen Euros und die Implementierung des UTXO-Modells von den spezifischen Designentscheidungen und den Zielen der EZB abhängen. Eine sorgfältige Abwägung zwischen Anonymität und regulatorischen Anforderungen wird erforderlich sein, um ein angemessenes Gleichgewicht zu finden.

4.5 Programmierbarkeit

Durch Programmierbarkeit könnte der digitale Euro neue Funktionen und Innovationen für Nutzerinnen und Nutzer zugänglich machen.

Vorteile:  Smart Contracts können es beispielsweise ermöglichen, vordefinierte Bedingungen und Regeln automatisch zu überwachen und daran gebundene Transaktionen automatisch zu erzwingen, um so die Sicherheit von Transaktionen zu verbessern. Die Automatisierung von Zahlungs- und Geschäftsprozessen ermöglicht eine hohe Effizienz und Kosteneinsparungen. Durch die Möglichkeit, digitale Identitäten und digitale Rechte zu verwalten, wäre eine verbesserte Authentifizierung und Zugangskontrolle möglich.

Nachteile: Es besteht generell die Gefahr, dass Transaktionen (auch institutionell) programmatisch zensiert oder eingeschränkt werden könnten, beispielsweise durch die Festlegung von Obergrenzen oder gar (geographischer) Einschränkungen für den Erwerb bestimmter Waren oder Dienstleistungen. Komplexe Smart Contracts stellen potenzielle Fehlerquellen dar und könnten zu Problemen bei der reibungslosen Durchführung von Transaktionen führen. Die Sicherheit solcher Smart Contracts muss gewährleistet sein, um Missbrauch oder Datenlecks zu verhindern. Normen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden erforderlich. Es wird ein Smart Contract Register bzw. ein Baukasten für die Finanzindustrie benötigt, dessen Transparenz und Beaufsichtigung durch ein Konsortium oder eine Institution verwaltet wird. Zudem wäre hohes technisches Verständnis und Fachwissen für die Entwicklung, Auditierung und für Rechtsverfahren erforderlich. 

4.6 Technische Aspekte

Ressourcen: Die Einführung und Nutzung des digitalen Euros beansprucht in signifikantem Umfang Ressourcen. Beim Design für eine technische Umsetzung muss Ressourceneffizienz, insbesondere Energieeffizienz, eine wesentliche Anforderung sein. Effiziente Datenverarbeitung und -speicherung sind erforderlich, ohne die Integrität und Sicherheit der Daten zu beeinträchtigen. Weiterhin muss auf 

indirekte Effekte und Auswirkungen geachtet werden, die sich zum Beispiel im Zusammenspiel mit Drittsystemen ergeben können. Ein Beispiel ist das durch unzureichende Integrationsmöglichkeit vorzeitige Veralten funktionierender existierender Technik.

Skalierbarkeit: Eine praktisch unbegrenzte Skalierbarkeit des digitalen Euros über den Euro-Raum (> 340 Mio. Menschen) hinaus ist für eine Akzeptanz unverzichtbar. Nicht nur muss die Nutzung jederzeit möglich sein, auch erfordert eine wachsende Anzahl von Dienstleistungen zwischen Geräten (beispielsweise im Rahmen des Internet der Dinge) stabile und schnelle Transaktionsmöglichkeiten. Daher dürfen keine Engpässe und Verzögerungen oder eine Belastung des Netzwerkes wahrnehmbar sein, um eine reibungslose Funktion sicherzustellen. 

UTXO-Modell: Die Entwicklung und Einführung eines digitalen Euros soll auf Basis des UTXO-Modells erfolgen. Es ist sehr effizient und ermöglicht eine gute Parallelisierbarkeit bei der Verarbeitung von Transaktionen. Dies erfordert besondere Vorkehrungen für die Verwaltung der gesamten Menge der UTXO, bei denen angeschlossene Systeme entsprechend unterstützt werden müssen, um einen reibungslosen Betrieb sicherzustellen. Das UTXO-Modell ist andererseits komplexer in der Programmierung als andere Transaktionsmodelle wie beispielsweise das Account-basierte Modell. Es erfordert ein umfassendes Verständnis von Transaktionsstrukturen und -verarbeitungen. Die technische  Komplexität darf für Nutzerinnen und Nutzer nicht wahrnehmbar sein.

Interoperabilität: Die Interoperabilität mit anderen Blockchain-Plattformen und -Protokollen ist wichtig, ebenso wie die Bereitstellung einer guten Benutzererfahrung. Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert technische Innovation, Infrastrukturinvestitionen und Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden, Finanzinstituten und Technologieunternehmen. Eine erleichterte Integration von Finanzdienstleistungen und dezentralen Anwendungen könnte Innovationen und neue Geschäftsmöglichkeiten fördern. 

Kompatibilitätsprobleme mit bestehenden Systemen und Infrastrukturen müssen im Rahmen der Planungsphase ermittelt und bei der Implementierung berücksichtigt werden.

5. Fazit

Die Arbeiten des Projektteams der EZB – gemeinsam mit dem Eurosystem – schreiten stetig voran. Auch die Europäische Kommission ist insbesondere durch ihren Gesetzgebungsvorschlag vom 28. Juni 2023 intensiv eingebunden. Im Herbst 2023 soll über die nächste Phase des EZB-Projekts entschieden werden. 

Es ist wichtig, dass der digitale Euro als Gesamtkonstrukt gedacht wird, der sowohl für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Banken und Zentralbanken Vorteile bietet. Daher müssen Retail und Wholesale CBDC im Einklang sein. Bei letzterem wird möglicherweise die Blockchain-Technologie Anwendung finden. Da noch nicht mit den technischen Arbeiten am Retail CBDC begonnen wurde, sollte aus Sicht des Bundesblock auch dieser die Vorteile der Blockchain-Technologie nutzen, um neue Use Cases abbilden zu können. Nur so können Mehrwerte generiert werden, die über das hinausgehen, was bereits seit Jahrzehnten mit Giralgeld oder anderen Entwicklungen aus der Privatindustrie möglich ist. In 2024 wird die European Payments Initiative (EPI) mindestens zwei bis drei Jahre früher dieselben Use Cases abbilden, die heute mit dem digitalen Euro geplant sind.

Die Risiken, die mit der Einführung des digitalen Euros einhergehen, müssen minimiert werden. Insbesondere gilt es die Privatsphäre und den Datenschutz der Nutzerinnen und Nutzer zu schützen. Ohne die Nutzung der Blockchain-Technologie überwiegen die Risiken die Chancen des digitalen Euros. Sollte der digitale Euro nicht auf einer dezentralen Infrastruktur wie der Blockchain oder Distributed Ledger-Technologie aufgebaut werden, so ist dieser abzulehnen.